Die sogenannten "Spachteltterrazzi fugenlos" sind die neuesten Entwicklungen in der Bodenindustrie. Angeblich sollen diese hochwertig, langlebig und auf natürlicher Basis sein. Dies sind Punkte, welche dem unbedachten Endverbraucher oder Architekten schnell imponieren, jedoch trügt der Schein in großem Maße.
Idealerweise werden diese Systeme durch geschicktes Marketing als Terrazzoböden angepriesen. Der Laie vermag hier den Unterschied zu dem traditionellen bzw. "echten Terrazzo" nicht mehr zu unterscheiden. Nur ein Blick in die Technischen Unterlagen bzw. Ausschreibungsunterlagen lässt vermuten, dass es sich um ein Beschichtungssystem handelt. Auch die Bestandteile solcher Fertigprodukte (meist in Eimern oder Säcken verpackt) sind absolut undurchsichtig. Zu den verwandten Bindemitteln findet man meist kein technisches Merkblatt. Süffisant sind die Fertigprodukte in Kunststoffeimern, welche ökologisch angepriesen werden, allerdings auf nicht nachhaltige Verpackungen setzen. Genauso verlogen verhält es sich dann auch mit den angepriesenen Produkten. Ein Terrazzoboden muss wie in unseren anderen Berichten schon erwähnt gemäß DIN 18500-1 hergestellt werden. Die Ausführung bzw. Herstellung von Terrazzoböden und Terrazzowaren obliegt dem Beton- und Terrazzohersteller oder Werksteinhersteller. Diese Berufe unterliegen der Meisterpflicht. Dies bedeutet, dass ausführende Betriebe in der Handwerksrolle eingetragen sein müssen. Es bedeutet auch, dass Betriebe nicht in Tageskursen oder Workshops den Beruf erlernen und ausführen können. Gerade der Bereich dieser speziellen Systemprodukte setzt auf jene Tagesschulungen, um das Produkt besser und effektiver am Gesetzgeber vorbei zu vermarkten.
An diesem Punkt müsste der Hersteller zwischen Systemprodukt (Bodenbeschichtung) und DIN gemäßer Herstellung eines Terrazzoboden unterscheiden. Dies ist auch dem Endverbraucher mitzuteilen und in einem Beratungsgespräch zu erklären. In uns bekannten Schadenssfällen haben weder Handwerker, noch Systemhersteller diese Aufklärung betrieben. Der Endverbraucher war bis zum Gutachten der festen Überzeugung, er hätte einen traditionellen Terrazzo erworben.
Die Bestandteile eines solchen Industrieproduktes sind so schwer zu ermitteln, wie der Mörder von John F. Kennedy. Fast alle Hersteller solcher Produkte versuchen die eingesetzten Rohstoffe zu verschleiern bzw. erst garnicht offiziell auszuweisen. Aufgrund der angegebenen Bearbeitungsschritte und technischen Eigenschaften fast aller bekannten Hersteller kann man davon ausgehen, dass viele jener Spachtelböden aus Magnesia bestehen.
Der Magnesiaestrich oder auch Steinholzfußboden ist der älteste genormte Estrich. Er wird seit ca. 1900 als Estrich auf leichten Decken oder Holzbalkendecken verlegt. Gerade vor dem 2. Weltkrieg war dieser Rohstoff günstig zu verarbeiten. In der heutigen Baubranche werden solche Estriche eher äußerst selten verwandt. Magnesia (MgO, kaustisch gebrannter Magnesit) ist ein aus natürlichem Magnesit oder aus anderen, ebenfalls in der Natur vorkommenden
Magnesiumsalzen gebranntes Erzeugnis, das fein gemahlen in den Handel kommt.
Als Füllstoffe werden organische und mineralische Stoffe verwendet:
- organische Füllstoffe sind Sägespäne oder Sägemehl
- mineralische Füllstoffe sind Sand bzw. auch Quarzsand.
Diese Füllstoffe haben die Aufgabe, im fertigen Mörtel raumfüllend zu wirken. Sie beeinflussen außerdem maßgeblich die Eigenschaften des erhärteten Mörtels. Zum Einen deuten sehr schnelle Abbindezeiten von nicht mehr als 1-2 Tagen auf diese Estrichtechnik. So lassen sich diese Böden nach knapp einem Tag bereits schleifen. Auch die pastöse bis cremige Mörtelkonsistenz lässt darauf schließen. Zum Anderen ist ein Hauptindikator der Trockenschliff des Bodens. Natursteinböden werden in der Regel immer nass geschliffen bzw. nass poliert. Problematisch ist bei dieser Estrichart jedoch, dass sie sehr feuchteempfindlich ist und mit der Zeit Korrodiert. Kommt Magnesiaestrich mit wässrigem Mörtel in Kontakt, quillt er auf wie ein Hefeteig und wird völlig unbrauchbar.
Ein großer Nachteil dieser Systeme ist das sehr matte Oberflächenerscheinungsbild, welches mit einem echten Terrazzo nichts gemein hat. Dies ist auch einer der größten Kritikpunkte solcher Bodensysteme. Ein echter Terrazzoboden hat eine sanftes und elegantes Oberflächenbild, welches haptisch wohltuend ist und sich hochwertig anfühlt. Magnesiaterrazzi hingegen glänzen äußerst matt und stumpf. Sie fühlen sich plastisch und billig an.
Die Oberflächenqualität dieser Magnesiaterrazzi hängt auch entscheidend von der Oberflächenversieglung ab. Aufgrund der Zusammensetzung des Bodens muss ein solcher Terrazzo mit einer Oberflächenversieglung behandelt werden. Ansonsten bietet der Boden eine hohe Angriffsfläche für Fleckenbildung.
Das Oberflächenbild wird bei regelmäßiger Benutzung meist auch schlechter, da sich bei vielen Systemen die Oberflächenbeschichtungen mit der Zeit abtreten oder stark beeinträchtigt werden. Häufig werden auch lösemittelhaltige PU Siegel verwandt.