Die Nachfrage nach Terrazzoböden ist in den letzten 10 Jahren immens gestiegen. Fast jeder hochwertige Wohnungsausbau oder Neubau wird zumindest alternativ mit einem Terrazzoboden geplant. Dass die wenigen Terrazzohersteller diese Nachfrage nicht vollständig befriedigen können, liegt somit auf der Hand. Foto-Portale oder soziale Medien heizen die Thematik der fugenlosen Terrazzoböden zudem weiter an. Da seit dem 01.01.2020 die Meisterpflicht für den Betonstein- und Terrazzohersteller wieder eingeführt worden ist, wirkt sich dies auf das Angebot am Markt auch nicht positiv aus. Somit ist sichergestellt, dass Terrazzoböden auch in Zukunft äußerst exklusiv bleiben.
Dieser Meinung sind gewisse Industrieunternehmen allerdings nicht. „Weil nicht sein kann, was nicht sein darf“. So entwickelt man den Terrazzo für Jedermann. Ob in Säcken oder Eimern, es soll einfach von der Hand gehen, günstig sein und dem originalen Vorbild gleich kommen. Eine Prise geschicktes Marketing dazugeben und fertig ist die „Terrazzoalternative“. Ist der Kunde erst einmal geködert, nimmt das Martyrium seinen Lauf. Kann ein industrielles Fertigprodukt also besser oder zumindest ebenso gut sein, wie der klassisch hergestellte Boden eines echten Terrazzoherstellers? Nein! Die Herstellung eines Terrazzobodens obliegt dem Anspruch an Kunst, Präzision und handwerklichem Geschick. Die klassischen Terrazzolegerfamilien tragen Erfahrungen und handwerkliche Geheimnisse von mehreren Dekaden mit sich. Diese Faktoren in ein Fertigprodukt zu integrieren wird vermutlich nicht möglich sein. Entscheidend ist somit die Qualität des eigentlichen Produktes. An dieser Stelle werden viele der Hersteller intransparent. Bestandteile wie z.B. das Bindemittel werden bewusst im Detail verschwiegen. Langzeiterfahrungen gibt es zudem meistens auch nicht. Windige Anbieter schützen sich zudem folgenden Ausschlussklauseln in Ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen:
„Angaben und Empfehlungen können nur als allgemeine Hinweise ohne Eigenschaftszusicherung zu werten sein. Jegliche Produkt- und Materialeigenschaften, sowie Verarbeitungsrichtlinien beruhen auf Testversuchen und praktischen Erfahrungen. Außerhalb unseres Einflusses liegende Arbeitsbedingungen und Baustellenbedingungen schließen einen Rechtsanspruch aus diesen Angaben aus. Im Ernstfall empfehlen wir ausreichende Eigenversuche durchzuführen.“
Solch verklausulierte Angaben zeigen, dass gewisse Hersteller ihrem eigenen Produkt nicht vertrauen. Es ist eine übliche Masche, um einem Rechtsstreit mit dem verarbeiteten Handwerker oder Kunden vorzubeugen. Der Hersteller empfiehlt zum Einbau des Bodens den Hausmeisterservice um die Ecke, bestenfalls aber einen Malerbetrieb oder Fliesenleger. Je einfacher das Bodensystem, umso niedriger werden die Ansprüche an den auszuführenden Dienstleister. Aber dürfen diese „Handwerker“ solche Systeme überhaupt verarbeiten? Grundsätzlich ja, da sie ein Systemprodukt eines Herstellers verarbeiten. Für dies gilt eine gewisse Produkthaftung, welche an die herstellerseitigen Voraussetzungen des Einbaues gebunden sind. Für das Produkt selbst muss der Hersteller die Gewährleistung übernehmen. Der Verleger erwirbt seine "Fachkenntnis" meistens in 1-2 Tageskursen beim Anbieter selbst. So sind Schäden bei Ausführungen meist vorprogrammiert und der Handwerker wird vom Endkunden haftbar gemacht.
Aber darf man diese Produkte dann auch als fugenlose Terrazzoböden verkaufen? Der Begriff Terrazzo ist leider nicht geschützt. Allerdings trifft der deutsche Gesetzgeber die Einordnung, dass angebotene Handwerksleistungen grundsätzlich nach bestehenden DIN-Normen auszuführen sind. Ob es sich nun um Bodenbelagsarbeiten oder Terrazzoarbeiten nach DIN18500 handelt und ob man diese Produktsysteme als „Terrazzoböden“ verkaufen darf, müssen die Gerichte in Zukunft noch entscheiden.
Fakt ist aber: Es entstehen durch solche Produkte massive Schäden in der Bauwirtschaft. Dies ist für die Herstellungsindustrie aber hinnehmbar, solange der Umsatz stimmt.
Nachfolgend können Sie einige Bilder von den oben erwähnten "Fake-Terrazzoböden" bewundern: